
Große Entdeckung – Günther Groissböck mit Liedern von Rott, Mahler und Strauss. © 2023 www.klassik.com
In mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich und überraschend ist die 2022 bei Gramola erschienene CD „Nicht Wiedersehen!“ mit Liedern von Richard Strauss, Hans Rott und Gustav Mahler, gesungen von Günther Groissböck.
Die Einspielung mit dem österreichischen Baß biegt bewußt ab vom gewohnten Pfad der Sporan-, Tenor- oder höchstens mal Bariton-Wiedergaben der berühmten Lieder, neben denen auch echte Wiederentdeckungen zu hören sind. Bereits das Cover-Photo entspricht nicht den Sehgewohnheiten; man erwartet ja gerade bei spätromantischer Liedliteratur eher ein seelenvolles Bild des Interpreten bzw. der Sängerin. Der muskelbepackte Groissböck im knappen schwarzen T-Shirt steht eher da, als würde er gleich fragen, wo denn bitte der Wagenheber sei.
Ebenso massig wie der ganze Mann ist auch seine Stimme, mit der er vor allem als Ochs, Gurnemanz oder Fasolt die ganze Tiefe der Partituren auslotet. Vielleicht hat er bewußt den Habitus des Anpackers gewählt, um diese Produktion von den gängigen Interpretationen abzusetzen – Groissböck gibt sich ja ohnehin gerne als jemand, der gegen den Strom schwimmt, wie in der Corona-Zeit, als er sich mehr als deutlich gegen eine vorsichtige Gesundheitspolitik aussprach. Sei´s drum – diese CD ist es allemal wert, mit Aufmerksamkeit gehört zu werden.
Richard Strauss ist der erste Block gewidmet und gerade bei den sehr bekannten Liedern wie der „Zueignung“, „Allerseelen“ oder „Befreit“ hört man sich sehr schnell ein in die Wärme und angenehme Rundheit dieses Basses. In den Höhen klingt seine Stimme hier allerdings manchmal etwas metallisch und leicht gequetscht, als müßte Groissböck sich anstrengen, über seine gewohnte Lage hinauszusteigen.
Umso großartiger sind dagegen seine schon in den Profundo-Bereich ragenden Tiefen wie im Lied „Der Einsame“, zumal er die Töne hier sehr lang in ganzer Fülle hält. Der Hall des Salzburger Mozart-Saales, in dem die Aufnahme entstand, klingt tatsächlich mehr nach Konzertsaal als nach Studio, was durchaus zu begrüßen ist.
Deutlich mehr Variantenreichtum und Schattierungen als bei Strauss entwickelt Groissböck in vier Liedern von Hans Rott, dem unglücklichen Studienkollegen Gustav Mahlers. Von diesem sensiblen Komponisten, der Opfer seiner seelischen Angreifbarkeit und eines damals schon harten Musikbetriebes wurde, kennt man eigentlich nur seine Symphonie, die erst 1989 wiederentdeckt wurde. Die Lieder „Der Sänger“, „Geistesgruß“ und „Wandrers Nachtlied“ endlich einmal einzuspielen, wäre schon Grund genug, diese CD entsprechend wahrzunehmen. Gerade das letzte Lied so erfrischend anders als die berühmte Schubert-Vertonung zu hören, ist eine ganz neue Erfahrung, auch weil dem Klavier hier eine völlig andere Rolle zugestanden wird. Das spielt in dieser Aufnahme der schottische Pianist Malcolm Martineau und er tut das mit großer Finesse und Zartheit; überhaupt ist die Ausgewogenheit von Gesang und Begleitung auf der ganzen CD absolut gelungen.
Feingefühl ist vor allem bei den Mahler-Liedern gefragt und bereits beim titelgebenden „Nicht Wiedersehen!“, der tieftraurigen Geschichte einer durch den Tod vorzeitig beendeten Liebe, zeigt Groissböck, daß er die Höhen beherrscht, die hier warm und fein klingen, weil er dabei die Dynamik reduziert. Das gilt auch für „Zu Straßburg auf der Schanz´“, das ebenso den Abschied vom Leben in sich trägt.
Die Härte des Soldatenlebens in „Revelge“ gibt Groissböck sehr stark wieder und er gestaltet auch das Spukgeschehen der Geisterarmee mit angemessenem Ausdruck, um die unheimliche Atmosphäre greifbar zu machen. Die Trommel des „Tambourg´selln“ gibt Martineau erstaunlich plastisch wieder, beide treffen die wehmütige Stimmung dieses Liedes wirklich sehr empfindsam.
Das „Urlicht“ beschließt diese besondere Auswahl und die Luftigkeit der Wolken in diesem kindlich-naivem Himmelsgemälde bilden Pianist und Sänger leicht und voller angemessener Sanftheit. Eine wunderbare Abrundung dieser empfehlenswerten Einspielung. © 2023 Der Opernfreund
IN DEN TIEFEN DER SEELE
Für seine neue CD hatte Günther Groissböck einen schönen Einfall. Er nahm Das Thal und Der Einsame von Richard Strauss ins Programm – zwei Gesänge mit der Werknummer Opus 51, die der junge Komponist während seiner Tätigkeit als erster Kapellmeister an der Berliner Hofoper dem gefeierter Bassisten Paul Knüpfer (1865–1920) widmete. Er war eine der eindrucksvollsten Erscheinungen seiner Zeit in diesem Stimmfach. Plattenaufnahmen bezeugen einen großen Stimmumfang, der auch Auftritte als Bariton gestattete, enormes Volumen, stilistische Sicherheit und große Ruhe im Vortrag. Wie Groissböck sang er den Ochs im Rosenkavalier und den Sarastro in der Zauberflöte. Strauss wusste also, für wen er komponierte und begleitete ihn auch bei der Uraufführung. Allein durch diesen historischen Hintergrund verdienen diese beiden Titel der Neuerscheinung, die bei Gramola (99280) herausgekommen ist, besondere Aufmerksamkeit, die sich auch im Text des Booklets von Christian Heidl niederschlägt: „Getragen, besinnlich mit emotionalen Aufwallungen, eine Rückschau über ein Leben – so stellt sich die Uhland-Vertonung Das Thal dar, während Der Einsame (Heinrich Heine) im Gedanken an den Verlust seiner Liebsten bei Strauss resignativ, aber doch auch in einem scheinbaren Frieden des Sängers mit sich selbst umgesetzt erscheint.„ Versöhnlich klingt es bei Uhland. Dessen geliebtes Tal, wo die Sonne eben erst „hinabgegangen“ ist, bietet auch Schutz vor dem Unbill des Lebens. Bitter und knapp tönt es bei Heine, der dem Einsamen die Dunkelheit mit sich herumtragen lässt, als sei sie Teil seiner selbst.
Mit den rasanten Möglichkeiten seines schwarzen Basses lässt sich Groissböck denn auch tief und immer tiefer hinab in Seelenzustände voller Finsternis, wo es nicht gemütlich, nicht heimelig ist. Für solche Extreme verfügt er über beträchtliche Ressourcen. Ihr Einsatz kostet Kraft. Dadurch geraten die inhaltlichen Dimensionen für meinen Geschmack etwas ins Hintertreffen. Und es gebricht an Wortverständlichkeit, die diesem Sänger gewöhnlich keine Probleme bereitet. Mit Zueignung, Allerseelen oder Heimliche Aufforderung wendet er sich auch solchen Liedern zu, die man vornehmlich mit Frauenstimmen verbindet. Als Bassist hat er es nicht leicht, gegen derlei Hörgewohnheiten anzugehen. Ich habe Elisabeth Schwarzkopf – und mit ihr wohl auch ein Klischee im Ohr. Groissböck bringt sich durch seinen ganz anderen Vortrag als spannende Alternative, als Erweiterung der Ausdrucksperspektive dieser Gesänge in Position.
Unstrittig als Interpret ist er mit Der Sänger, Geistesgruß und Wandrers Nachtlied des frühvollendeten österreichischen Komponisten Hans Rott, der kurz vor seinem sechsundzwanzigsten Geburtstag starb. Bei der von Goethe gedichteten Säger-Ballade spart Groissböck nicht an dramatischem Impetus als stünde er in einer Oper auf der Bühne. Die dritte Abteilung der Neuerscheinung ist Gustav Mahler gewidmet. Er beginnt mit Nicht wiedersehen aus Des Knaben Wunderhorn, jenem Lied, das der gedankenschweren CD ihren Titel gibt. Groissböck schließt mit Urlicht. Das Lied ging später als vierter Satz in Mahlers zweite Sinfonie sein. Begleitet wird der Sänger vom schottischen Pianisten Malcolm Martineau, aufgenommen wurde im August vergangenen Jahres im Salzburger Mozart-Saal. © 2023 Opera Lounge
Der Bass Günther Groissböck singt auf seinem Album »Nicht Wiedersehen!« mit Richard Strauss, Gustav Mahler und Hans Rott Lieder vom Abschied.
Dieses Album ist eine Wucht. Und definitiv nichts für schwache Nerven. Unter dem Titel „Nicht Wiedersehen!“ – nach dem gleichnamigen Jugendlied von Gustav Mahler – versammelt der österreichische Bass Günther Groissböck Werke, die vom Abschied handeln. Existenzielle Lieder aus den tiefsten Tiefen der Seele, darunter auch die abgründigen Zwei Gesänge op. 51 von Richard Strauss und Drei Lieder des mit nur 25 Jahren in der Landesirrenanstalt Wien-Alsergrund verstorbenen, hochtalentierten Hans Rott, einem Schüler Anton Bruckners.
Ihnen gegenüber stehen ausgewählte Lieder nach Texten aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn, in denen Mahler die darin angesprochenen Grundemotionen wie Trennungsschmerz, Sehnsucht und Angst, aber auch die Schilderungen aus dem Soldatenmilieu kongenial einfängt. Groissböck fasziniert mit einem durchdringenden, dichten, innigen Ton und dezentem Vibrato bei völliger Textverständlichkeit. Sein Begleiter am Klavier, der Schotte Malcolm Martineau, versteht es bestens, den im Duktus durchaus ähnlichen Liedern stets eine noch nicht gehörte Facette abzuringen. Ein Album, das zum Nachdenken einlädt. © 2022 Crescendo (Germany)

Der österreichische Bass Günther Groissböck präsentiert gemeinsam mit Malcolm Martineau am Klavier spätromantische Lieder und Balladen von Richard Strauss, Gustav Mahler und Hans Rott.
Zunächst erklingen Lieder von Richard Strauss, deren Interpretationen durch Stilgefühl und Natürlichkeit beeindrucken, wie sie nur von einer souveränen Beherrschung der Musik und einem tiefen Verständnis der Gedichte herrühren können.
Bei Hans Rott sind wir schon auf anderem Terrain, wo die beiden, der Sänger wie der Pianist, gestalterisch viel weiter gehen können, um Text wie auch Klavierpart dramatisch auszuloten.
Der Höhepunkt wird dann mit Mahler erreicht. Vom ersten Lied an nehmen uns die beiden Interpreten gefangen. Groissböck trifft den Charakter der Wunderhorn-Lieder sehr gut und versucht auch nicht, mit Sentimentalismus über das hinwegzutäuschen, was Thomas Hampson einmal sinnigerweise « die profunde Vordergründigkeit der Emotion und des menschlichen Dilemmas » nannte. Während bei ‘Nicht Wiedersehen’ das Trübe und Hoffnungslose voll durchdringt, kommt es in den Liedern, die um Krieg und Tod drehen (Der Tambourg’sell, Revelge) zu einer schon extrem dramatischen Gestaltung, die Mahlers ausgeprägter Theatralik vollauf gerecht wird. Ich glaube nicht, Revelge schon einmal so zynisch und brutal gehört zu haben.
Dabei differenzieren Groissböck und Martineau die anderen Lieder sehr gut, bringen Ironie wie Humor und Weltschmerz sehr gut zum Ausdruck. Ihre Aufführung des Urlichts ist zutiefst ergreifend.
Die Aufnahme ist räumlich, mit einer guten Balance zwischen Stimme und Klavier. © 2022 Pizzicato
Mit diesem hochkarätigen Recital untermauert Günther Groissböck seinen Rang als Interpret der Spitzenklasse. Absolut hörenswert!
Der österreichische Bassist Günther Groissböck hat sich im Laufe der letzten Jahre die internationalen Opernbühnen erobert und zählt heute zu den prominentesten Vertretern seines Stimmfaches.
Regelmäßig widmet sich Groissböck aber auch dem Liedgesang mit großem Erfolg. Unter dem Titel „Nicht Wiedersehen!“ erschien soeben ein anspruchsvolles Lied-Programm mit Kompositionen von Richard Strauss, Gustav Mahler und dem früh verstorbenen Hans Rott.
Die meisten der hier versammelten Lieder hört man regelmäßig von Sängern höherer Stimmlagen, da sie alle weite Ausschläge in die höheren Register aufweisen. Es ist überraschend, wie gut der schwere, schwarze Bass Groissböcks diesen Herausforderungen gerecht wird. Seine voluminöse Stimme ist durchaus beweglich und modulationsfähig. Das dunkle Timbre verleiht den bekannten Liedern einen ungewohnten Reiz, kennt man sich doch bevorzugt von Sopranstimmen. Die höchst populären Strauss-Kompositionen wie „Zueignung“, „Befreit“ oder „Breit über mein Haupt“ gewinnen bei Groissböcks tiefer Stimmlage an Volumen und Gewicht.
Bei Gustav Mahlers „Revelge“ und dem „Tamboursg’sell“ ist er in seinem Element, aber auch das lyrischere, titelgebende „Nicht Wiedersehen“ versieht er mit einer schönen Gesangslinie.
Besonders interessant die drei Lieder aus der Feder von Hans Rott, dem früh verstorbenen Schüler Anton Bruckners und Freund Gustav Mahlers. Das Lied „Der Sänger“ ist eine echte Entdeckung, aber auch „Geistesgruß“ und Rotts Version von Goethes „Wandrers Nachtlied“ sind hörenswert und lassen den Hörer bedauern, dass so wenige Kompositionen des 25-jährig Verstorbenen erhalten sind.
Als mehr als nur kongenialer Begleiter unterstützt der renommierte schottische Liedbegleiter Malcolm Martineau einfühlsam Groissböcks höchst kultivierten Gesang. Es ist beeindruckend, wie gut der Bassist seine mächtige Stimme, wo es nötig ist, zurücknehmen kann und zu einer geschlossenen Gesangslinie findet. Mit diesem hochkarätigen Recital untermauert Günther Groissböck seinen Rang als Interpret der Spitzenklasse. Absolut hörenswert! © 2022 Klassik begeistert